Klimaneutral zur letzten Adresse
Die Bestattungsbranche ist bekanntermaßen eher zurückhaltend, weniger innovativ oder gar extrovertiert veranlagt. Das kommt aus der Sache an sich: So sind doch das Sterben, der Tod und alles, was damit zusammenhängt, immer noch nicht aus ihrer Tabu-Ecke herauszubekommen. Der Tod ist nach Möglichkeit nicht sichtbar – und das ist ja irgendwie auch verständlich.
Trotzdem ist hier und da in der Bestattungskultur etwas los, sei es bei ungewöhnlich inszenierten Abschiedsfeiern mit Rockmusik und einem Hellem am Grab oder mit einer Lichtershow in der Trauerhalle. Das Grabmal kann ein Klassiker aus Stein sein, aber auch eine Skulptur aus rostigem Cortenstahl. Auf dem Grabmal steht: „In Liebe“, aber durchaus auch: „Tiefergelegt am …“.
Auf den Friedhof kommt der Verstorbene oftmals mit einer leistungsstarken Luxuskarosse mit Sternenhimmel und Seidenvolants, oder – und das ist doch mal eine Nachricht wert: mit dem Fahrrad.
Seit dem Herbst 2020 gibt es in Oldenburg ein Bestattungsfahrrad. Ein Unikat und eine Sonderanfertigung des Oldenburger Künstlers Michael Olsen. Seine Idee: den Tod und Abschied wieder sichtbar machen. Dort, wo alltäglich das Leben pulsiert: auf der Straße. Mit dieser Idee und der ersten Testfahrt hat er positive Resonanzen und auch eine Bestatterin, die dies mit in ihr Programm aufnehmen möchte, gefunden. „Reduziert, wertschätzend und angemessen langsam.“ So beschreibt eine Passantin begeistert ihren Eindruck.
Für eine Fahrradstadt wie Oldenburg scheint das eine fast naheliegende Idee zu sein, zumindest eine, die sich damit beschäftigt, den Tod doch noch aus seiner Tabu-Ecke herauszuholen. Und klimaneutral ist sie zudem, die letzte Fahrt auf zwei Rädern.
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